Elena Morawin ist Senior User Experience Designerin bei MUUUH! Next und arbeitet immer wieder eng mit uns bei Future of Voice zusammen. Wie muss eine multimodale App für Kinder aussehen und aufgebaut sein? Dieser Frage ist Elena gemeinsam mit dem WDR und dem Team der “Sendung mit der Maus” in ihrer Masterarbeit auf den Grund gegangen. Von ihren Erkenntnissen können wir in Zukunft bei der Entwicklung von Sprachanwendungen – nicht nur für Kinder – sehr profitieren. Im Interview erzählt sie, wie sie vorgegangen ist, was sie gelernt hat und welche Schlüsse sie aus ihren Ergebnissen zieht.
Was ist eine multimodale App?
Elena, was war das Thema Deiner Masterarbeit und wie bist Du darauf gekommen?
Der offizielle Titel lautet: “Die Optimierung der User Experience eines Conversational User Interface für Kinder – Ein multimodales Gestaltungskonzept”.
Grundsätzlich ging es darum, ein multimodales Interface für Kinder zu entwickeln, die gerne “Die Sendung mit der Maus” schauen. Multimodal bedeutet in diesem Zusammenhang die Kombination aus Voice und Graphical User Interface.
Der WDR ist im Bereich Voice und Audio sehr aktiv und möchte als Innovationstreiber die Zukunft aktiv mitgestalten. Die Idee das Interface zu gestalten, kam vom WDR. Allerdings war zu Beginn nicht klar, was genau auf dem Bildschirm passieren soll. Damit die Steuerung per Sprache nicht in den Hintergrund rückt, ist es in einer App für Kinder besonders wichtig, dass nicht zu viel gleichzeitig auf dem Bildschirm passiert.
In meiner Masterarbeit ging es darum, wie sich das Interface in den Alltag der Kinder einbinden lässt und wie es gestaltet werden muss, um ihnen besonders viel Freude zu bereiten.
Was sollen die Kinder in der Maus-App machen können?
Es ist geplant, dass sich Kinder in der App mit den Moderator*innen unterhalten. Die Maus begleitet ihre interaktive Reise und die Experience wird mit Geräuschen und Musik untermalt.
Hast Du vorher schon mit Kindern gearbeitet oder war das eine neue Zielgruppe für Dich?
Mit Kindern habe ich vorher noch nicht gearbeitet. Allerdings sind Kinder eine sehr spannende Zielgruppe, die oft im kommerziellen Umfeld nicht zu den klassischen Endnutzern gehören. Es war sehr aufregend und lehrreich die Kinder zu interviewen und auf die speziellen Bedürfnisse einzugehen.
Eine Haupterkenntnis meiner Masterarbeit ist, dass viele Aspekte im Voice-Bereich sich von Kindern auf Erwachsene übertragen lassen. Erwachsene lassen sich, genauso wie Kinder, schnell von einem interaktiven und animierten Screen ablenken und die Sprachsteuerung gerät so leicht in den Hintergrund.
Was hast Du studiert und wie ist es zur Zusammenarbeit mit dem WDR gekommen?
Ich habe den Master “User Experience Design” an der Rheinischen Fachhochschule in Köln (RFH) studiert. In der Zeit habe ich parallel als Junior User Experience Designerin für MUUUH! Next gearbeitet.
Im Studium habe ich für ein Informationsangebot des WDR zum Thema Braunkohle ein Nutzer-Testing mit Schüler*innen und Studierenden durchgeführt. Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich dann mit meinem damaligen Ansprechpartner unterhalten, der mir von dem Projekt erzählt und mich an Julia Lüke weitergeleitet hat. Sie hat mir mehr von der Vision erzählt und zusammen haben wir alle weiteren Schritte besprochen.
Was wünschen sich Kinder von einer App?
Inwiefern hat der WDR “Vorarbeit” geleistet und wo hast Du angesetzt?
Der WDR hat schon einige Monate an der Vision und dem Inhalt der Dialoge gearbeitet. Hierbei war die sogenannte “Mausigkeit” besonders wichtig, damit sich die Marke der “Sendung mit der Maus” im Interface widerspiegelt.
Ich habe den Nutzungskontext der Kinder analysiert, der bei Voice-Anwendungen eine große Rolle spielt. Dafür habe ich einige Interviews mit Eltern und Kindern in ihrem zu Hause durchgeführt und geschaut: Wie nutzen die Kinder digitale Medien? Sind sie dabei eher auf dem Sofa, in der Küche oder nutzen sie es gemeinsam mit ihren Geschwistern?
Hast Du bei den Interviews darauf abgezielt, was sich die Kinder inhaltlich wünschen?
Ja, auch. Ich habe vor allem versucht herauszufinden, wie die Aufmerksamkeit gesteuert wird, was sich Kinder von einer Anwendung wünschen, welche Bedürfnisse sie haben und wie das mit dem Interface des WDR zusammenpasst. Was soll wann auf dem Bildschirm passieren und was funktioniert am besten per Sprache? Ich habe mir die Lieblings-Apps der Kinder zeigen lassen und so herausgefunden, was ihnen wirklich Spaß macht und welche Bedürfnisse die Kinder haben, wie zum Beispiel das Streben nach Selbstständigkeit und positiver Bestätigung.
Mir ist vor allem das Gespräch mit einem Mädchen im Gedächtnis geblieben. Wir sind sehr ins Detail gegangen und sie hat mir erzählt, was sie und ihre Freundinnen sich vom WDR-Interface wünschen würden. Ihre Kreativität hat echt Spaß gemacht und mich inspiriert.
Worin liegt die Schwierigkeit in der Entwicklung einer multimodalen Anwendung?
Hattest Du schon ein Ergebnis im Kopf, bevor Du mit Deinen Recherchen angefangen hast?
Der WDR hat vorgegeben, dass es einen Bildschirm geben soll, auf dem die Anwendung verwendet werden kann. Nachdem ich mit Expert*innen aus der Wissenschaft und Praxis gesprochen hatte, war klar, dass ein Screen die Kinder sehr leicht vom Audio-Inhalt ablenken kann. Die Herausforderung bestand darin ein Interface zu entwickeln, das der WDR sich wünscht und die Marke der Maus in Bildsprache transportiert, das aber eben auch den Kindern gerecht wird und eine möglichst reduzierte Bildwelt darstellt, um sie nicht zu sehr abzulenken.
Wie ging es nach den Interviews weiter?
Nach den Interviews gab es einen Design Thinking Workshop mit dem WDR, in dem ich die bisherigen Research-Ergebnisse präsentiert habe. Gemeinsam haben wir angefangen das Interface zu skizzieren und überlegt, was minimal und maximal auf dem Bildschirm passieren sollte. In der Anwendung soll es zum Beispiel nichts geben, was gelesen werden muss, da viele Kinder noch gar nicht lesen können. Ein spannendes Thema war auch noch, wie die Markenidentität der Sendung in der Anwendung transportiert wird. Denn die Maus spricht ja nicht. Das ist eigentlich schwierig für eine Audio-Anwendung.
Gemeinsam haben wir die ersten Entwürfe gestaltet, diskutiert und uns mithilfe von User Stories einer sehr reduzierten Form eines User Interface genähert. Anschließend habe ich Mockups erstellt, die zeigen, wie der Bildschirm in Kombination mit Dialog aussehen kann.
Was für Kinder funktioniert, funktioniert auch für Erwachsene
Hat dich die Masterarbeit inhaltlich und beruflich vorangebracht?
Total! Ich habe mir immer gewünscht meine Masterarbeit für beziehungsweise mit einem Unternehmen zu schreiben und die Zusammenarbeit mit dem WDR hat meine Hoffnungen und Erwartungen übertroffen. So investiert man seine Zeit in etwas sehr Sinnvolles, das hoffentlich bald auch Realität wird!
Was würdest Du sagen, welche Unternehmen, die Interesse an der Entwicklung einer Sprachanwendung haben, sollten sich jetzt bei Dir melden?
Bezogen auf die Masterarbeit – alle, die die Kombination von Voice und Graphical User Interface spannend finden und etwas in die Richtung entwickeln wollen. Ich persönlich bin für das Konzept, das User Testing und zum Teil auch das Visual Design verantwortlich, wir haben aber sowohl bei Future of Voice als auch bei MUUUH! Next tolle Kolleg*innen, die das ganze entwickeln können.
Während der Arbeit haben wir, wie schon gesagt, festgestellt, dass Kinder eine super Vorlage für Erwachsene sind. Meine Erkenntnisse können also grundsätzlich auch auf andere Zielgruppen und Interfaces angewendet werden.
Gibt es spezielle Branchen, für die eine multimodale Anwendungen einen starken Mehrwert hat?
Wir haben in diesem Zusammenhang viel mit Medien-, Verlagshäusern und Co. zu tun, weil es dort oft die Kombination von Audio und Text gibt. Ich habe das Gefühl, dass Kinder eine sehr gute Zielgruppe für Sprachanwendungen sind, aber das ist nur meine persönliche Meinung. Ansonsten alles, was mit Spielen, Wissen und Entdecken zu tun hat.
Was ist Dein persönliches Fazit? Bist Du mit dem Ablauf, der Zusammenarbeit und dem Ergebnis zufrieden?
Ich bin super zufrieden, meiner Meinung nach hätte es nicht besser laufen können! Ich hatte tolle Ansprechpartner*innen, die mich bei der Organisation und Umsetzung unterstützt und beraten haben. Meine Ansprechpartner*innen haben sich viel Zeit für den Workshop genommen und im Gegenzug coole Ergebnisse erhalten. Außerdem bin ich super dankbar für den Support von MUUUH! Next und dem FoV-Team, die mir ihren Input gegeben und bei Fragen immer zur Seite gestanden haben. Ich hatte tolle Interview-Partner*innen und Familien mit Kindern, die ich interviewen durfte. Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis und habe viel gelernt. Vor allem über die Entwicklung von multimodalen Skills und digitalen Produkten für Kinder.